Der Heimatverein in Presse und Medien

Veranstaltungs- und Presseberichte aus unserem Vereinsleben.

Die Liesborner Christophorus – Kapelle

Ein Ort der Stille und des Gedenkens an die Liesborner Verkehrstoten 

Ein Bericht von Wilhelm Plümpe

In diesem Ihnen vorliegenden Liesborner Geschichtsheft mit dem Titel: „Auf den Wegen nach Liesborn“ geht es um die vielfältigen Möglichkeiten, das Heimatdorf zu erreichen. Dazu nutzen täglich Tausende Menschen verschiedenste Verkehrsmittel. Manche Menschen konnten ihre Ziele auf tragische Weise nicht erreichen, weil sie unterwegs tödlich verunglückt sind. Ihnen ist eine kleine Kapelle auf dem Liesborner Friedhof gewidmet. Man findet sie, wenn man sich von Lippstadt aus kommend Richtung Wadersloh am Friedhof in direkter Nähe zum Bahnübergang zur Ostkampstraße bzw. zur Osthusener Straße bewegt. Sie ist heute ein Ort des Gedenkens an die Liesborner Verkehrsopfer und trägt seit rund 30 Jahren den Namen „Christophorus-Kapelle“. Das Gebäude steht unter dem Schutz des heiligen Christophorus, dem Schutzpatron aller Verkehrsteilnehmer.

Diese kleine Kapelle ist seit dieser Zeit den Liesborner Bürgerinnen und Bürgern gewidmet, die durch Verkehrsunfälle auf den Straßen und Wegen in Liesborn und auch woanders als Fußgänger, Radfahrer, Motorradfahrer, Autofahrer bzw. beim Überqueren der Eisenbahnschienen ihr Leben verloren haben. Dabei hatte diese Kapelle ursprünglich eine ganz andere Funktion und kann auf eine rund 120-jährige Geschichte verweisen. Sie steht wegen ihrer wechselhaften Vergangenheit unter Denkmalschutz.

Das kleine Häuschen war um das Jahr 1900 als Leichenhalle für Verstorbene errichtet worden, die auf Grund beengter häuslicher Verhältnisse zu Hause nicht aufgebahrt werden konnten. Später, als am Liesborner Krankenhaus eine Leichenhalle errichtet wurde, war diese Verwendung nicht mehr erforderlich. Nach Jahren der Vernachlässigung wurde das Gebäude baufällig und stand kurz vor dem Abriss. Dank der Initiative des Liesborner Heimatvereins wurde die kleine Kapelle ab 1989 aufwändig saniert.

Am Allerheiligentag 1992 (1. Nov.) konnte die zumindest baulich sanierte Kapelle durch Pastor Ludger Böckenhoff und Pastor Reinhard Leue feierlich eingeweiht werden. Es fehlten allerdings noch die Widmungen für die einzelnen Verkehrsopfer.

Diese erfolgten erst im Frühjahr 2000. Die ursprüngliche Idee, dass jedem einzelnen Verkehrsopfer eine individuelle Erinnerung zukommen sollte, wurde realisiert, in dem an jede/n Einzelne/n mit einem ein Kreuz an den Wänden der Kapelle mit Namen und wenigen biographischen Daten erinnert wird.

Über die Presse und über direkte Kontakte wurden zuvor Angehörige verunglückter Liesborner Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, sich zu melden, wenn sie für ihr verstorbenes Familienmitglied eine Widmung in der Kapelle haben wollten. Schon gleich in den ersten Tagen meldeten sich rund 20 Familien, die dieses Angebot gerne und dankbar annehmen wollten. So bleiben die Verstorbenen in Erinnerung und geraten nicht in Vergessenheit. Jeder einzelne Todesfall steht für ein traumatisches und tragisches Ereignis, dass die Familien in tiefe Trauer und Verzweiflung gestürzt hat. Unter Umständen konnte der Verlust eines geliebten Menschen nie überwunden werden. Gerade für diese Familien war es wichtig, einen Ort des Gedenkens und der Anerkennung ihrer Trauer zu bekommen.

Unter den Verkehrsopfern sind z.B. zwei kleine Kinder, die beim Spielen unter den Zug bzw. unter ein Auto geraten sind. Es sind Jugendliche, die auf dem Weg zur Arbeit oder nach einer Feier verunglückten. Es sind Frauen und Männer, die ganz einfach zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Zu nennen wäre beispielsweise die damals 74-jährige Anna Sprenkamp aus dem Dorf, die am 31. März 1945 auf dem Bürgersteig an der Königstraße in Liesborn stand und von vor der einrückenden amerikanischen Armee fliehenden deutschen Wehrmachtssoldaten rücksichtslos überfahren wurde.

Am 18. Juni 2000 wurde nun endlich die Kapelle im Rahmen einer Feier als Gedenk- und Mahnstätte für die Liesborner Verkehrsopfer entsprechend ihrer Widmung erneut gesegnet. Die Segensfeier nahm Pastor Klaus Martin Niesmann in Anwesenheit vieler Angehörigen und den an der Renovierung beteiligten Personen vor. Er ging in seiner Predigt sehr einfühlsam auf die Schicksale der Verstorbenen und ihrer Angehörigen ein. Sein Dank galt allen Beteiligten, die diese Kapelle zum neuen Leben erweckt haben.

Ein Buch mit den Namen und Fotos der Verkehrsopfer der zurückliegenden Jahrzehnte wurde künstlerisch gestaltet und fand in einer Vitrine seinen Platz. Die künstlerischen Arbeiten wurden vom Diestedder Künstler Walter Jasper ausgeführt.

Inzwischen sind schon wieder mehr als 13 Jahre vergangen und leider haben erneut einige Liesborner Menschen ihr Leben auf den Straßen verloren. Heute erinnern insgesamt 36 Kreuze an den Wänden an diese Kinder, Frauen und Männer.

Die Kapelle wird weiterhin von Mitgliedern des Liesborner Heimatvereins betreut und in Ordnung gehalten. Wie in der Vergangenheit ist sie in den Sommermonaten bei guter Witterung an jedem Sonntag von morgens bis abends geöffnet. Wenn Angehörige außerhalb der Öffnungszeiten die Kapelle besuchen wollen, ist das jederzeit möglich. Der Verbleib des Schlüssels ist beim Vorstand des Heimatvereins zu erfragen.

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