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Schnadgang

Der Kirche unters Dach gestiegen

Eine eingezäunte Holzbohlenzufahrt weist schon darauf hin, dass die Liesborner Abteikirche renoviert wird. Aus diesem Anlass hatte der Heimatverein Liesborn e.V. zu einer Besichtigung der Renovierungsmaßnahmen im Inneren der Kirche eingeladen. Rund 40 Heimatfreunde warteten kürzlich gespannt vor dem Gotteshaus bis Marietheres Luster-Haggeney, zuständige Architektin für die Renovierungen, die Tür des südlichen Seitenschiffs aufschloss. Es sollte ein einmaliges Erlebnis auf die Besucher warten, denn wann hat man schon einmal die Gelegenheit seiner Kirche unters Dach - genauer gesagt - unter die Decke zu steigen. Ein Gewirr aus Gerüststangen bot sich als erstes den Blicken der Heimatfreunde dar. Unzählige Stahlrohre waren als Einzelelemente miteinander verbunden worden und reichten bis zur Kirchendecke. Mehrere Etagen von metallenen Plattenwegen waren über zwei Leiteraufgänge zu erreichen.

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Vergeblich suchte man nach gewohnten Dingen im Kirchenschiff. Bänke, Bilder und Leuchter waren ausgelagert, fest installierte Teile wie Altar und Kanzel sorgfältig eingepackt worden. Sechs Wochen hatte allein der Gerüstaufbau in Anspruch genommen, nachdem zahlreiche freiwillige Helfer beim Ausräumen der Kirche tätig geworden waren.

Marietheres Luster-Haggeney erklärte in einer kurzen Einführung die anfallenden Tätigkeiten, die die Abteikirche bis Weihnachten wieder in frischen Farben erstrahlen lassen sollen. Gespannt glitten die Blicke der Heimatfreunde immer wieder nach oben. Von den Malereien war jedoch nichts zu sehen, da die als Lauffläche dienenden Metallplatten die Gewölbe verdeckten.

Endlich war es soweit und die Freigabe zum Besteigen der Leitern erfolgte.

Einer nach dem Anderen begab sich nach oben, wobei einigen nach Erreichen einer gewissen Höhe vielleicht doch etwas mulmig zumute wurde. Immerhin hat die Decke des Langschiffs eine Höhe von 15 Metern, im Querschiff sind es gar noch drei Meter mehr. Dass das Gerüst eine Tragfähigkeit von 450 Kilogramm pro Quadratmeter besitzt, trug sicher zur Beruhigung bei.

Oben angekommen, bot sich ein Blick auf die Malereien, die im Laufe der letzten Jahrzehnte verschmutzt und verblasst waren. Die Feinheiten dieser etwa 500 Jahre alten Bemalung ließen sich erst dort oben erschließen. Die Rankenmalereien in den Gewölbefeldern sollen den Himmel als Paradies erscheinen lassen. Die zierlichen kleinen Blattranken, aber auch die großen Blüten stammen aus dem frühen 16. Jahrhundert, die Malereien im Chor dürften noch einige Jahrzehnte älter sein. Aus Sicht der Kunstgeschichte lassen sich die Deckenmalereien vermutlich dem Geseker Künstler Gert van Lon (um 1464-1521) zuordnen, da sich stilistische Parallelen bei anderen seiner Werke nachweisen lassen. Rechnungen aus dieser Zeit des Liesborner Klosters weisen in den Jahren 1503-1507 mehrere Zahlungen für die Ausmalung der Kirche an einen Meister Gerhard auf. Es liegt nahe, hier an Gert van Lon zu denken. Erst in den Jahren 1961 bis 1965 wurden die Malereien freigelegt, nachdem sie 1890 überputzt worden waren.

Um zu zeigen, wie die zwei mit der Renovierung beschäftigten Restauratorinnen bei der Reinigung der Malereien vorgehen, demonstrierte Marietheres Luster-Haggeney die Arbeitsweise. Mit einem trockenen speziellen Latexschwamm wischte die Architektin über eine verschmutzte Stelle. Die graue Verunreinigung veränderte sich nach kurzem Wischen in einen hellen Ausschnitt. Es besteht dabei keine Gefahr, dass die Malereien verblassen oder gar verschwinden. Für die Restauratorinnen erfordert diese Arbeit viel Geduld, sich Zentimeter für Zentimeter an der Decke entlang zu arbeiten. Angesichts der Deckengewölbe ist es häufig notwendig, über Kopf zu arbeiten. Die zu bearbeitende Fläche umfasst immerhin ca. 1250 Quadratmeter. Wie sich inzwischen herausgestellt hat, zeigt sich das Kirchengewölbe in einem besseren Zustand als zunächst vermutet worden war. Die ursprünglich ausgemachten Risse lassen sich meist mühelos durch die Wischtechnik beseitigen.

Von unten lassen sich zwar die Schlusssteine der Gewölbe, also dort, wo die Rippen zusammenlaufen, erkennen. Die kunstvollen Darstellungen, wie die des hl. Benedikt oder des Lamm Gottes, sind erst aus unmittelbarer Nähe in allen Einzelheiten sichtbar.
Als alle Heimatfreunde die 71 Stufen nach unten hinter sich gebracht hatten, bedankte sich der stellvertretende Vorsitzende des Heimatvereins, Ekkehard Schulze Waltrup, mit einem Blumenstrauß, der den Deckenmalereien farblich nicht nachstand, bei Marietheres Luster-Haggeney für die Möglichkeit, der Abteikirche unters Dach steigen zu können.

Bernd-Peter Kerkemeyer

Tags: Kirchenrenovierung, Abteikirche

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